Folge 42: Schuld beschwert - Verantwortung befreit
Shownotes
**Schuld versus Verantwortung **
Schuld ist ein schweres Kreuz - Verantwortung der Schlüssel für ein erfülltes Leben.
Schuld verurteilt. Verantwortung vergibt.
Schuld will die Vergangenheit ändern. Verantwortung die Zukunft gestalten.
Schuld will Strafe. Verantwortung Konsequenzen
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WEBVTT Herzlich willkommen zu Tee am See mit Stephan und Maria Craemer, contextuelle Philosophie im Alltag. Willkommen zum Thema Schuld versus Verantwortung. Die Vase ist zerbrochen, der Auftrag beim Kunden zu spät eingereicht, die Hausziele nicht abgeschlossen. Dann ist meistens die erste Reaktion, wer war das? Willkommen in der Welt der Schuld und Schuldsucher. Schuld ist ein unsichtbarer, aber hörbar moralistischer Zeigefinger, der auf jemanden oder etwas gerichtet ist, der oder was Schuld sein soll, idealerweise immer jemand oder etwas anderes. Schuld ist der vergebliche Versuch, die Vergangenheit wieder in Ordnung zu bringen, indem man denjenigen oder dasjenige findet, der Unordnung gemacht oder Unheil gebracht oder Schaden verursacht hat. Wenn du mit einem stark verurteilenden moral Zeigefinger auf andere zeigst, hat das den Nachteil, dass du bei dir dasselbe machst, in dem Moment, wo du einen Fehler machst. Du fällst dann also bei dir selbst in Ungnade, so wie die anderen auch, und Richter gnadenlos, schlägt erbarmungslos zu. Vielleicht kennst du den einfachen Satz, die Vase ist zerbrochen. Sie drückt ideal aus, wie gerne wir uns von jeder Schuld frei machen wollen. Stell dir vor, die Vase steht auf dem Tisch und plötzlich ist sie zerbrochen. Einfach so. Niemand hat an dem Tisch gestoßen, niemand ist mit der Hand an die Vase gekommen, sie ist einfach so zerbrochen. Im Dasein erschüttert. Um das philosophisch auszudrücken. Die Vase ist zerbrochen. Das ist ein Passivsatz und in diesem Satz fehlt schlichtweg das Subjekt. Sprich, die handelnde Person. Denn eigentlich müsste es heißen, ich habe die Vase zerbrochen. Kinder sprechen auch gern und sagen, die Tasse ist kaputtgegangen. Oder, meine Hose ist einfach so dreckig geworden. Tja, wer hat das nicht schon gesehen? Das Kind sitzt artig im Sandkasten. Und plötzlich läuft die Hose allein durch die Pfütze und schon ist sie ganz von allein dreckig geworden. Kinder, ebenso wie Erwachsene, wollen damit unzweideutig klar machen, dass sie damit nichts zu tun haben, aber auch gar nichts. Sie sind frei von jeglicher Schuld. Die Frage ist nur, warum sprechen wir so verteidigend? Weil Schuld etwas nach sich zieht, was keiner will, nämlich Strafe. Bei der zerbrochenen Vase sieht die Strafe so aus, dass die Eltern böse sind und schimpfen, was die Kinder denken lässt, sie werden nicht geliebt. Beim verspäteten Auftrag hast du verärgerte Chefs, was die Karriere behindern könnte, und die meisten fühlen sich wieder nicht geliebt. Bei der nicht abgeschlossenen Haustür gibt es Vorwürfe vom Partner, was einen Streit nach sich zieht, und wir fühlen uns wieder nicht geliebt. Ja, es ist interessant, dass dieses Ich fühle mich nicht geliebt, dass das ganz eng mit Strafe verbunden ist. Denn das will man auch bewirken mit dieser absoluten und starken Schuldabweisung. Man will die Strafe verringern, am besten gar nicht bekommen. Und was man vor allen Dingen will, ist das Gefühl vermeiden, ungeliebt oder nicht gut genug zu sein. Vielleicht kennst du das, dass ein ausgewachsener Erwachsener dir sagt, in der Situation habe ich mich klein gefühlt. So das ist ein interessanter Hinweis, finde ich, dass wir ganz schnell, in dem Moment, wo wir Fehler machen, aber spätestens in dem Moment, wo uns jemand schimpft oder ärgerlich ist, kommen wir automatisch wieder in die Rolle eines Kindes. Und wir fühlen uns klein und vor allen Dingen fühlen wir uns unterlegen. Was wir als Kinder auch waren. Wenn der Erwachsene, der in der Regel, was weiß ich, 50, 60 Zentimeter größer ist, schimpft, dann bist du klein und unterlegen. Und so wollen wir uns nicht mehr fühlen. Wir wollen uns weder so klein noch hilflos fühlen. Und deshalb streiten wir von Anfang an sämtliche Beteiligung bei Fehlern und Schäden ab. Der Nachteil an diesem Strafvermeidungssystem ist, dass du mit dir auch so hart ins Gericht gehst, wenn du etwas falsch gemacht hast. Und vielleicht kennst du das, du hast die Vase zerbrochen, sie war ein geliebtes Erbstück oder sehr teuer oder Bayes. Auf jeden Fall unersetzlich. Und du sagst zu dir selbst, wie konnte ich nur so doof sein? Ich bin so ungeschickt. Oder du warst derjenige, der zu spät die Anfrage rausgeschickt hat und du klagst dich an, ich bin so unorganisiert, ich vermassle mir immer alle Chancen. Es findet eine Art von Selbstgeißelung statt und diese Geißelung hängt natürlich eng mit dem Schuldbegriff zusammen, als könnten wir es damit rückgängig machen. Um dich nicht selbst geißeln zu müssen, suchst du verständlicherweise die Schuld automatisch bei jemand anderem. Ja, und so ist es im Moment, finde ich Stephan, auch weltweit auf der Geschlechter-Ebene. Man sucht, für all die Misere, die es im Moment auf der Welt gibt, sucht man den Schuldigen beim anderen Geschlecht. Wir müssen es immer am Einfassen, das woanders zu suchen. Ja, und so wird ein ganzes Geschlecht beschuldigt. Das hat den Vorteil, wir müssen uns nicht geißeln, sondern können die anderen geißeln. Und der Nachteil ist, wir sind kein Stück weiter. Weil wir haben dann zwar einen Schuldigen, aber keine Lösung. Die Base liegt immer noch am Boden und der Kunde ist immer noch verärgert und das Paar streitet auch noch. Ja, und die Lösung im Geschlechterkrieg ist, ein Geschlecht soll verschwinden. Ja, da sind wir ja stark dabei. Da hab ich keine Lust drauf, muss ich sagen. Ich finde gerade doch diese Unterschiedlichkeit ist doch das inspirierende. Aber gut, es ist auch nicht so, dass ich als Frau hauptsächlich schlechte Erfahrungen mit Männern gemacht habe. So insofern, wir haben ja jetzt gerade Ostern, aber vielleicht hörst du es auch zu einem anderen Zeitpunkt, aber Ostern hängt natürlich sehr stark mit dem Begriff Schuld zusammen, weil Jesus vor über 2000 Jahre am Kreuz gesagt haben, soll, wir gehen mal davon aus, ich nehme alle Schuld auf mich. Denn er wusste, dass wenn die Welt jetzt nach dem Schuldigen für seinen Tod sucht, wird seine Absicht der Erlösung nicht erfüllt. Denn das ist ja interessant, er wollte ja die Welt erlösen. Also letztendlich kann man sagen, er wollte sie von der Schuld erlösen. Sein Tod war vorprogrammiert und beabsichtig. Er sollte die Welt aufwecken und befreien. Aber diese Absicht wurde nicht verfolgt, im Gegenteil. Es wurde und wird nach Schuldigen für seinen Leid und Leiden gesucht. In seinem Falle sollen es die Juden gewesen sein, obwohl es nicht stimmt, es war eine römische Besatzungsmacht, die ihn hat kreuzen lassen. Die Schuldsuche führt nur dazu, dass wir beschuldigen, urteilen, verurteilen und so die mentalen als auch realen Gefängnisse füllen. Grundsätzlich ist an dieser Stelle erstmal hervorzuheben, dass es im Universum an sich keine Schuld gibt. Ein Raubtier ist zum Beispiel nicht schuld, dass es ein schwächeres Tier erlegt und es mit seiner Herde frisst. Vielmehr hat es durch diese Handlung zum ökologischen Gleichgewicht beigetragen, denn es kann nur schwächere, weil kranke oder lahme Tiere erlegen. Gesunde Tiere würden fliehen oder sich wehren, und zwar erfolgreich. Man kann dieses Prinzip auch noch weiter ausdehnen und auf die Spitze treiben. Ne schwarze Löcher haben im Universum auch keine Schuld, wenn und weil sie an ihren Rändern Energie einsorgen, die in ihnen verschwindet. Das ist mittlerweile nachgewiesen worden, dass das so sein soll. Auch gibt es Sterne im Universum, die andere, kleinere Sterne vereinnahmen. Das macht sie nicht zu schuldigen. Wenn es also im gesamten Universum keine Schuld an sich gibt, woher kommt dann unsere Schuldvorstellung? Ganz einfach, sie ist von Menschen gemacht. Schuld ist ein von Menschen erfundenes und künstlich erschaffenes mental-emotionales Konstrukt und Konzept, um andere Menschen qua Schuldzuweisung manipulieren, gängeln und unterdrücken zu können. Und welche Institution, welche Instanz hat davon weitlich Gebrauch gemacht? Genau, die Kirche. Schuldzuweisung ist ein Instrument zum Machtaufbau und zum Machterhalt. Wenn es einem gelingt, dass mehrheitlich an dieses Konzept geglaubt wird, am besten als Gott gegeben, dann hat man alle Trümpfe in der Hand, um über andere zu herrschen. Also es ist sozusagen ein Herrscher-Instrument. Ein Herrschaftsinstrument. Ein Herrschaftsinstrument. Ein machtvolles Herrschaftsinstrument. Um über andere zu herrschen. Ja, und das sagen auch viele, Stephan, dass sie sich... Also ich kenne das zum Beispiel auch, dass ich mich schuldig fühle für Sachen, die ich gar nicht gemacht habe. Die man gar nicht gemacht hat, nein. Also dass wenn irgendetwas ist, dass ich dann irgendwie gleich denke, ich bin schuld. Oder was habe ich damit zu tun? Und gleich denke ich, ich habe da was mit zu tun. Also das hat für mich, hat das lange lange gedauert, bis ich aufgehört habe in so einem Schuldgefühl zu leben. Also das, das ist schon eine wirkliche, dass ich finde, das ist nicht nur eine Gehirnwäsche, das ist eine Herzwäsche. Und dieses Schuldkonzept hält die Kirche aufrecht mit der sogenannten Erbssünde. Wir sagen manchmal Spaßes halber Erbsensünde. Quasi als menschliche Erbsschuld, als Schuldpreis fürs Dasein. Die Frage ist nur, wieso sind Kinder schuldig, weil die Eltern miteinander rumgemacht haben? Ja, letztendlich, weise sind sie ein Ergebnis von Liebe und nicht ein Ergebnis von Schuld. Das ist doch verquer. Dafür muss man dann einfach nur dafür sorgen, dass physische Liebe, muss man dafür sorgen, dass es in das Schuldkonzept passt und die physische Liebe als teuflisch oder als irgendetwas anderes verdammen. Auf jeden Fall nicht göttlich. Ja, und das wird dann ja auch gemacht, dass das Vergnügen irgendwie umfangreich verdammt wird und leider und in diesem Fall ist es das weibliche Geschlecht gleich mit. Denn die Weiber sind die Verführerinnen, denen die Männer ach so hilflos ausgeliefert sind. Das ist auch, also es führt auch dazu, dass oft Frauen sich eher schuldig fühlen, weil sie letztendlich per Geburt schon schuld sind. Per Geburt und per Geschlecht. Und dann auch noch Aram zwei Äpfel hinhalten. Als hätte er nicht wählen können. Ja, damit, also letztendlich entmachten sie damit auch den Mann. Ja, klar. Letztendlich sagen sie, der hat sich nicht im Griff. Die Männer sind ausgeliefert. Und ausgeliefert. Deshalb müssen die Frauen sich jetzt verschleiern. Ja, man muss die beiden Äpfel ja nicht nehmen. Also man, also es ist irgendwie schade, ich finde die Botschaft ist so eine großartige Erlösung, dass die Schuld weggenommen wird, weil irgendwie hat das Bodenpersonal das nicht wirklich gut umgesetzt. Denn für ein schönes Leben und zwar vor dem Tod, hätte man eine andere Unterscheidung lehren müssen. Und dann muss man keinen Schuldigen mehr suchen. Und der Zauberbegriff heißt Verantwortung. Schuld sucht den Schuldigen für den Schaden. Verantwortung sucht nach dem Richtigen für die Lösung. Schuld verurteilt, Verantwortung vergibt. Schuld ist etwas, Schuld sagt, ich war es nicht. Und Verantwortung fragt, wie regeln wir das? Soll die Gegenwart in Ordnung bringen, nicht die Vergangenheit reparieren. Ja, Schuld guckt immer nach hinten. Das finde ich so interessant mit dem Wer war das? Das ist die erste Frage. Denn in dem Begriff Verantwortung, steckt das Wort Antwort mit der Vorsilbe fair. Gemeint ist damit zu antworten, wie vorher. Also wie vor dem Schaden, als hätte es ihm nicht gegeben. Und auch zu antworten auf die Situation, wie sie ist. Wie kriegen wir das geregelt? Wie kriegen wir es geregelt? Und selbst, das sind jetzt diejenigen, denen es nicht um sich geht, selbst wenn du den Schaden nicht angerichtet hast, was ja heute weltweit auf vielen Ebenen ist. Wie kriegen wir das geregelt? Leider wird Verantwortung häufig benutzt, wie das Wort Schuld. Das ist es aber nicht. Verantwortung hat nichts mit Schuld zu tun. Sie schließt Schuld aus und nimmt eine andere Stellung, einen anderen Zusammenhang ein. Fragen und Handlungen, die als Ausgleich vom Schadenauslöser ausgeführt und erfüllt werden können. Einfach übersetzt heißt Verantwortung. Wie antwortest du auf die jetzige Situation? Wenn du selbst einen Schaden verursacht hast, dann kannst du darauf antworten, indem du die Konsequenzen übernimmst. Vor allen Dingen das interessante ist ja, finde ich, wenn man sagt, wie antworte ich auf die Situation, das kannst du natürlich besser machen, wenn du dich nicht schlecht fühlst und Strafe befürchtest. Da kannst du einfach gucken, so was ist jetzt meine Antwort. Ja, und wer sich schuldig fühlt, fühlt sich meistens schlecht. Ja, der kann nicht gut handeln. Wenn man die Konsequenzen übernimmt, das heißt, man räumt die Vasen, scherben vollständig weg und kauft gegebenenfalls eine neue. Wenn man sich dabei auch noch schuldig fühlt, ist das reine Privatsache. Niemand außer das Egobewusstsein zwingt einen dazu, sich schuldig zu fühlen. Ja, und da soll schuld natürlich auch so was wie so ein Persilschein sein. Ich wasche mich rein mit Schuld und vielleicht muss ich dann nicht die Konsequenzen übernehmen. Ja. In der contextuellen Philosophie schauen wir allerdings nicht nur auf die Inhaltsebene, sondern wir hinterfragen den Kontext, in dem jemand etwas gemacht oder verursacht hat. Dabei stoßen wir auf eine Herausforderung, die bisher die wenigsten contextuellen Coachings gemeistert haben. Solange du am moralistischen Schuldbegriff festhältst, kannst du die Kontextsebene nicht wertungsfrei untersuchen. Dass du daran festhältst, drückt sich in deiner Sprache aus, sowohl in der Wortwahl als auch in der Betonung. Wie konntest du die schöne Vase zerbrechen? Du weißt doch, ich habe sie von meiner Mama zur Hochzeit bekommen. Hier ist die Beschuldigung mehr als deutlich. Ich hoffe auch in der Betonung. Man kann die Verurteilung hören, und man kann auch hören, dass sie denkt, du Depp oder du Blödmann. Um die Kontextebene zu meistern, musst du das Schuldschwert aus der Hand legen und in der Lage sein, das ist das schwierigste Part, wertungs- und vorwurfsfrei zu fragen. Und die Frage könnte lauten, Schatz, was willst du mir mit der zerbrochenen Vase sagen? Und dann kommt der nächste schwierige Schritt, nämlich die Antwort nicht zu bewerten und nicht dafür zu nutzen, den anderen doch ins Schuldgefängnis zu stecken oder ins Unrecht zu setzen oder zu entwerten. Dann kann man ehrlich antworten. Vielleicht sagt dir der andere dann sowas wie, ich finde deine Mutter mischt sich zu sehr in unsere Ehe ein und diese Vase war für mich ein Symbol dafür. Jetzt kannst du natürlich sagen, da muss der Depp auch nicht gleich die teure Vase runterschmeißen, soll er es mir doch sagen. Du kannst sicher sein, dass er das schon mehrfach gesagt oder zumindest versucht hat zu sagen, dass er schon mehrfach meinte, das ist ihm zu nah mit ihr und du hast nicht gehört. Denn rational stimmt die Aussage, aber wenn du ihm zugehört hättest, hätte er sie nicht runterschmeißen müssen. Mit anderen Worten, mit der zerbrochenen Vase, ist etwas an die Oberfläche gekommen. Du könntest auch dich jetzt auf den Standpunkt stellen, die Vase ist zerbrochen, aber eure Ehe geheilt. Na, das wäre ideal. Ja. Es kommt ein Konflikt an die Oberfläche und dann ist die Herausforderung, die darüber wertungsfrei zu kommunizieren. Der Begriff Konflikt an sich kommt vom lateinischen Konflikere und das heißt zusammenschlagen oder zerschlagen, aber nicht den anderen oder die Vase, sondern das Ungelöste im Konflikt. Manchmal braucht es jedoch solche Aktionen, um genau darüber sprechen zu können, wenn man es nicht, wenn man die Situation, das Ergebnis und den anderen nicht bewertet. Ja, letztendlich kommt damit etwas wirklich an die Oberfläche. Also die Kontextebene ist ja die sind die unteren, ist unterhalb der Wahrnehmungsschwelle. Unterhalb der 6, 7. des Eisbergs. Das heißt, es kommt dann nach oben und ja, manchmal bedarf es solcher radikalen Einschnitt oder Störung. Ja, so wir werden immer wieder mal gefragt, ob wir nicht auch, also, ob wir Beispiele aus beiden Seiten, persönlich von Arbeitswelt machen. Jetzt ein kleines Beispiel aus der Arbeitswelt. Du hast verschlafen und kommst zu spät, wobei du einen wichtigen Termin verpasst und der Kunde abspringen könnte. Du verteidigst dich mit der Weckerdefekt, Stau, schlechtes Wetter, was auch immer so deine Begründungen sind. Wenn du auf der Inhaltsebene Verantwortung zeigst, erkennst du an, dass es in deiner Verantwortung lag, darauf zu achten, ob der Wecker funktioniert, ob du dich über den Stau informiert hast oder das schlechte Wetter bei der Anfahrt mit einkalkuliert hast. Du entschuldigst dich bei deinem Vorgesetzten und sagst ihm oder ihr, du wirst ab jetzt pünktlich sein. Und das ist eine reine Änderung auf der Inhaltsebene. Mit einer Absichtserklärung. Mit einer Absichtserklärung. Das funktioniert, wenn das Verhalten einmalig oder sehr selten ist. Was wir jetzt sagen, gilt eher für die Chefs. Denn es kommt wieder jetzt die kontextuelle Philosophie ins Spiel. Ein guter Chef, besser noch ein kontextuell ausgebildeter Chef, nimmt sich Zeit und fragt, jetzt kommt die selbe Herausforderung wie eben, ohne moralischen Schulzeigefinger. Sie sind in diesem Monat siebenmal zu spät gekommen. Ich möchte wissen, was gefällt Ihnen nicht bei uns? Gab es irgendeine Kommunikation? Gab es irgendeine Störung? Nur, wirklich nur, wenn die Angestellten aus Erfahrung wissen, dass sie nicht verurteilt oder gar gekündigt werden, sagen sie die Wahrheit. Und kannst du dich erinnern, Stephan? Wir hatten mal jemanden, ne? Ja, wir hatten mal so ein Beispiel, ja. Ein Beispiel, wo es, ich weiß gar nicht, ob es um Unpünktlichkeit ging, aber letztendlich bei der Kommunikation, ich hab irgendwie schon ein halbes Jahr, ich glaub, nach einem neuen Bürostuhl gefragt und ich kriege ihn einfach nicht. Weil ihr Stuhl defekt war und sie konnte damit nicht mehr richtig arbeiten. Ja, nein. Und sie hat einfach keinen bekommen? Sie hat dann einfach keinen bekommen. Dann war die wiederkehrende Unpünktlichkeit ein Wecker für den Chef. Auch hier kann man natürlich sagen, dann sollte sie doch nach dem Bürostuhl fragen. Das hat sie jedoch gemacht, ist aber immer wieder auf Widerstand und taube Ohren gestoßen und hat keinen bekommen. So das wurde ignoriert oder für nicht so wichtig geachtet. Und so hat sie ihrem Ärger und die Unbequemlichkeit an die Oberfläche gebracht. Jetzt hatte der Chef den Ärger, den er beseitigen sollte. Aber sie bekam dann doch einen besseren Stuhl, was das ganze Problem oder den Konflikt gelöst hat. Ganz einfach. Und da werden die Zweifler natürlich sagen und etwas zynisch fragen, ja und war sie ab dann pünktlich? Ja, das hängt davon ab, ob es noch weitere Störungen oder Unterbrechungen gegeben hat, die unvollständig oder ungeklärt waren. Aber ja, in diesem Fall war es so, dass sie danach pünktlich war. Ja, ich glaube, sie hat dann auch, die haben dann auch einige Seminare über uns besucht. Also sie war über die Art und Weise, wie der Chef mit ihr gesprochen hat, weil sie einfach mega begeistert. Da musste sie nicht mal mehr motivieren. Sie war einfach darüber motiviert, dass sie gehört wurde. Und solche Störungen herauszufinden, gelingt einem wirklich, wirklich nur, wenn man vollständig das künstliche Schuldkonzept aufgibt. Also nicht in die Vergangenheit guckt, wer ist schuld, sondern wie regeln wir jetzt die Situation, die wir bisher nicht geregelt gekriegt haben. Was ist der Kern des ganzen, was ist der Kern des Konfliktes und kriegen wir den aufgelöst? Und manchmal ist es einfach, den aufzulösen. Ja und dieses Schuldkreuz aufzugeben und wirklich dich davon zu befreien, ist doch eine wundervolle Aufgabe. Und zwar nicht nur zu mustern. So diese Geiste zu verbrennen, sie weder für dich selbst noch für andere zu nutzen und wirklich verantwortlich und frei zu leben, das ist doch eine großartige Aufgabe, selbst wenn es eine Zeit dauert, bis du es kannst. Denn noch mal zur Unterscheidung, also Schuld verurteilt und bestraft. Verantwortung hat keine Strafe, sondern zieht Konsequenzen nach sich. Ja, Schuld soll Strafe nach sich ziehen und Verantwortung Konsequenzen. Genau. Du richtest wieder her, was du angerichtet hast, um zu antworten wie vorher. Und das sollte man im Straßenverkehr nämlich auch nicht von Strafzetteln, sondern von Konsequenzzetteln sprechen. Und weißt du noch, wir hatten mal einen Politisten, der hat das gemacht. Der hat das gemacht. Der hat das übernommen. Oben drüber ist er hingegangen und hat Konsequenzzettel draufgeschrieben. Und das Ergebnis, also er war ganz begeistert. Und das Ergebnis war, dass die Leute das wirklich eher angenommen haben. Also die fühlten sich jetzt nicht bestraft, sondern du telefonierst mit dem Handy ohne Freisprechanlage, kostet einen Punkt 50 Euro. Das ist die Konsequenz. Also sie wurden auf einer ganz anderen Ebene wahrgenommen und nicht mehr wie kleine Kinder behandelt. Die was die Schuld auf sich geladen hatten. Und einige haben sogar geschafft, mit einem Lächeln die Konsequenzsumme zu bezahlen. Und er meinte, die wären wesentlich weniger aggressiv gewesen. Ja, und was ist dann, wenn man den Schaden nicht beheben kann? Na dann wird über das Gericht, also juristisch bezüglich der Konsequenzen, geurteilt, was nicht heißt, dass das Urteil an sich gerecht ist. Denn es geht darum, Recht zu sprechen. Dieses Recht scheint oft nicht für alle Beteiligten im gleichen Maße gerecht. Aber es gibt eine juristische Lösung dafür. Also Recht und Gerechtigkeit ist nicht das gleiche. Ist nicht dasselbe. Und da kommen wir an einen Punkt, der jetzt wieder mit Ostern zu tun hat, aber er gilt 365 Tage im Jahr und das ist Vergebung. Im Schuldkonzept ist Vergebung unmöglich. Verantwortung erlaubt Vergebung, sich selbst und anderen gegenüber. Und auch hier wurde ein weiterer Satz von Jesus am Kreuz überliefert. Herr, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun. Das interessante ist in diesem Zusammenhang, dass auch im Wort Vergebung, das Wort Vergebung mit der Vorsilbe fair beginnt. Vor dem Wort geben, das heißt, es heißt auch hier wieder, es bedeutet hier wieder zu geben, wie vorher, also vor der zu vergebenden Unterbrechung. Auch dafür bedarf es der Erfüllung bestimmter Bedingungen als Voraussetzung für Ergebung, zur Vergebung, also zu geben, wie vorher. Zur Wirkungsweise der Vergebung haben wir einen ganzen Podcast. Zwei sogar, ne? Ja, sogar zwei dazu gemacht. Wenn zwei Podcasts zur Vergebung erstellt, wie man damit am besten umgehen kann. Das ist die Nummer 20, Vergebung heilt, und die Nummer 21, die Macht der Vergebung. Und ja, oft ist es ja so, dass die Menschen auf der Inhaltsebene wissen, was sie tun, aber meistens wissen die es nicht kontextuell, was sie da motiviert. Das herauszufinden, ist ein sehr spannender und auch befreiender Prozess der Selbsterkenntnis, die noch wichtiger ist, als die viel zitierte Selbstliebe. Ich finde, diese Selbstliebe führt auch oft dazu, dass die Leute nicht mehr erkennen wollen, was sie machen. Die wollen nur noch die schöne Seite von sich und von sich sehen. Ja, und häufig wird Selbstliebe auch missbraucht, um das alles zu verdrängen und zu übertünchen, wo man nicht genau hingucken will, worüber man diese Erkenntnis bräuchte. Und diese Selbsterkenntnis ist eine Herausforderung, aber auch ein Geschenk. Denn das Gelingen hängt davon ab, ohne Schuldkonzept, ohne Schuldzuweisung seine Täterschaft anzuerkennen. Das ist verantwortliches Sein und kein Kreuz, was man übernimmt, zu tragen. Denn dann ist wieder nur Schuld vorhanden. Verantwortlich kann man nur sein. Ich bin verantwortlich und Verantwortung nicht übernehmen, wie es oft missverstanden wird. Also wichtige Unterscheidung. Verantwortung kann man nicht übernehmen. Man kann nur verantwortlich sein. Es lebt in einer ganz anderen Domäne. Du bist auch verantwortlich, wenn du dich nicht verantwortlich zeigst. Du kommst aus dem Sein der Verantwortung gar nicht raus. Wie ein Kreuz übernommen, eine Verantwortung, wie du eben sagtest, die Schuld ist da wieder wie ein Kreuz, das du trägst. Wichtig ist, dass du dieses Kreuz ablegst. Das drückt dich nur nieder. Du musst das Kreuz ablegen und dich dann aufrecht hinstellen und sagen, ich war es. Gut. Denn das einzige, was man übernehmen kann, und damit ist das, ist, glaube ich, bei Verantwortung gemeint, das einzige, was man übernehmen kann, sind Aufgaben, die man erledigen kann. Alles andere ist Schuld. Verantwortung kann man nicht übernehmen. Man kann nur verantwortlich sein und dann schauen, was braucht es, um zu antworten, wie vorher. Und dazu laden wir dich zum Abschluss noch mal ein, dass du das Kreuz von den Schultern nimmst, dich aufrecht hinstellst und verantwortlich bist. Statt zu sagen, wer war's, dich aufrecht hinstellen zu sagen, ich war's. Das nennt man sich gerade machen. Ein wesentliches Konzept. Ja. Und einige kennen vielleicht das Zitat von sich aufstellen, Krone richten, weitergehen. Wir laden dich ein, schmeiß die Krone einfach weg. Geh einfach gerade weiter deinen Weg. Du brauchst keine Krone. Du brauchst keine Krone, du musst nichts erfüllen. Sei einfach im wahrsten Sinne des Wortes aufrecht. Unverantwortlich, was gleichbedeutend ist. Geh einfach aufrecht durchs Leben. Dankeschön.
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